Erpel - Rheinische Kunststätten - page 9

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nach erhaltenen Fragmenten rekonstruiert
werden konnten.
Der siebenseitige Chor zeigt sich
zweistufig: Über Rundbogennischen stei-
gen kräftige Runddienste mit Kelchblatt-
kapitellen auf und tragen spitze Schild-
bögen. Die spitzbogigen Fenster wurden
im 15. Jh. eingebrochen. Darüber ver-
einigen sich neun Gewölberippen zu einer
Art Kuppel. Eine ähnliche Anlehnung an
frühgotische Raumproportionen finden wir
in Linz und Remagen. Im Langhaus sehen
wir eine Folge rundbogiger Pfeilerarkaden,
in Zweiergruppen geteilt. Das flach-
gedeckte Emporengeschoss öffnet sich im
gleichen Rhythmus zum Schiff. Seine Ober-
fangbögen, die im Scheitel nach unten
abknicken, und der Rhythmus der einge-
stellten Drillingsarkaden wurden nach den
unmittelbar neben der Orgel erhaltenen
Bögen rekonstruiert. Die Kapitelle schufen
die Bildhauer Klaus Balke und Paul Nagel
einfühlsam neu.
Wiederhergestellt wurde ebenfalls die farben-
freudige Ausmalung des Innenraumes aus der
1. Hälfte des 13. Jh.: ein helles Grau mit weißem
Fugenstrich für alle tragenden Architekturglieder,
dagegen für die Säulendienste, Rippen und
Wülste die am Mittelrhein häufig vorkommenden
lebhaften Wellen- und Punktmuster in Rot, Gelb,
Grau und Schwarz. Kirchenmaler Hans Heider
(Siegburg) führte die Arbeiten nach freigelegtem
Originalbefund aus.
Ausstattung der Kirche
Nur noch weniges hat sich im Kirchenraum von der
alten Ausstattung der Kirche erhalten. Das älteste
und bedeutendste Stück, seit den 1960er Jahren
in der Eingangshalle aufgestellt, ist die aus Holz
geschnitzte und bemalte, 1,50 m hohe Figur eines
hl. Michael aus der 2. Hälfte des 15. Jh. Der Erzengel
schwingt, einem jugendlichen, gewappneten Ritter
gleich, sein Schwert gegen den koboldartigen Höl-
lenhund. Dieser klammert sich an einen Zipfel
seines Gewandes. Die Figur ist annähernd identisch
mit zwei Michaelsdarstellungen in den Kölner
Kirchen St. Aposteln und St. Andreas. Die Erpeler
Figur stand bis etwa 1949 im Kirchenschiff auf
dem Schalldeckel der barocken Kanzel. Aus deren
Korpus wurde der heutige Volksaltar gestaltet.
In der Eingangshalle finden wir auch die bereits
genannte Darstellung der Anbetung der Hl. Drei
Könige und das Bild einer Gerichtssitzung der
Juden in Jerusalem vom Anfang des 17. Jh. Jesus
wird dem Hohen Rat in Jerusalem vorgeführt.
Ein ähnliches Bild findet sich in St. Andreas in
Rüngsdorf.
7. (S. 8) St. Severin, spätromanische
Emporenöffnung in der Südwand neben
der Orgel. Nach ihr wurden die anderen
Emporenöffnungen rekonstruiert
8. St. Severin, Chorraum mit Hochaltar
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