Zülpich - Rheinische Kunststätten - page 10

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Der hier errichtete Burgtyp ist dabei charakte-
ristisch für „Landesburgen“ im Zuge des Aus-
baus der Territorialherrschaft. Es handelt sich
um eine im gotischen Baustil errichtete, viertür-
mige Kastellanlage, die in den Mauerring der
Stadtbefestigung integriert ist. Im Grundriss zeigt
sich die Anlage als rechteckiger Vierflügelbau
mit drei Rund- und einem übereck stehenden
Viereckturm zur Verstärkung der Ecken. An der
Westseite lag ursprünglich der an den Viereckturm
anschließende Palas. Die gesamte Anlage war
durch einen umlaufenden, teils wasserführenden
Graben gesichert. Sie verfügte über ein Haupttor
stadteinwärts und eine Schlupfpforte, durch die
man die Festung über den Wallgraben hinweg
direkt ins Freie verlassen konnte. Die beiden
gemauerten Zuwegungen endeten torwärts in
Zugbrücken. Am Hauptportal sind die Laufräder
der Seile noch erhalten.
Über ihre fortifikatorische und administrative
Bedeutung als Verwaltungssitz der Erzbischöfe
hinaus wird der Burg auch großer symbolischer
Wert zugeschrieben: Sie bildete den südlichsten
Vorposten der Kölner Erzbischöfe im Jülicher Land.
Ihre Lage an einem eifelwärts steil abfallenden
Gelände ließ sie in Blickrichtung auf die Nideggener
und Heimbacher Konkurrenz noch größer und
mächtiger erscheinen als stadteinwärts. Zwei
heute im Spiegel eradierte Wappenschilde über
dem Hauptportal haben wohl das Wappen des
Erzbistums und -bischofs getragen.
Ende des 17. Jh. wurde die Burg von franzö-
sischen Truppen in Brand gesetzt und war seitdem
eine Ruine, die der Erzbischof schließlich an seinen
dort ansässigen Vertreter, den kurkölnischen Kellner
und Schultheiß (Steuerbeamter) Josef Eberhard
Wachendorff, veräußerte. Dieser baute ab 1761
den viereckigen Nordturm und ehemaligen Palas in
barockem Stil zu Wohngebäuden mit Mansarddach
um. 1847 gelangte die Burg durch Heirat an die
Großlandwirts- und Fabrikantenfamilie Sieger.
Diese richtete in den Türmen der Burg eine
Brandweinbrennerei ein. Aus dieser Zeit ist ein
1870 neu errichtetes Brennereigebäude, das innen
6. Landesburg Zülpich
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