St. Peter in Zülpich - page 5

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Außenmauern des Vorgängerbaus, mutmaßlich des
11. Jh., wurde im frühen 13. Jh. eine vollkommen
neue, vom mittelrheinischen Kirchenbau beein-
flusste Architektur entwickelt, die im Innern bau-
plastisch reich geschmückt wurde, außen aber
bis auf das Hauptportal an der Nordseite sehr
einfach behandelt war. Die Wölbung des auffallend
breiten Mittelschiffs war in der Wandgestaltung im
gebundenen System, d. h. sechsteilig über quadrati-
schem Grundriss vorbereitet, erfolgte jedoch in
Gestalt von vier gotischen Kreuzrippengewölben,
die gekuppelt zwischen die Gurtbögen geordnet
wurden. Die vorgesetzte schmale westliche Achse
des Langhauses blieb im Mittelschiff unter dem
darüber aufsteigenden Turm ohne Gewölbe. Die
schmalen Seitenschiffe waren von Gratgewölben
mit hängenden Schlusssteinen überdeckt. Die Ober-
gadenfenster wechselten von Fächerfenstern im
Westteil zu einfachen Lanzettfenstern im östlichen
Doppeljoch. Dieses schloss zum älteren, niedrigeren
Chorhaus mit dem Triumphbogen, den außen
seitliche Strebebögen stützten. Sie zählten zu den
frühesten im Rheinland.
Spätere Veränderungen
Die nachfolgenden Jahrhunderte haben im Bereich
der Ausstattung bedeutende Spuren hinterlassen,
am Bauwerk jedoch nur wenig verändert. Im 16. Jh.
wurden für den Hauptaltar der Pfarrgemeinde, den
Kreuz- und Matthiasaltar vor dem Chorbogen, und
für den Thomas- und Jakobusaltar am Ostende des
Südseitenschiffs die erhaltenen reichen Antwerpener
Retabel beschafft. An das Nordseitenschiff wurde
ein gotischer Sakristeianbau gefügt, 1584 im
Westen des Mittelschiffs eine Empore eingebaut.
Die Fenster der Seitenschiffe und des Chores wurden
vergrößert und teilweise mit Maßwerk versehen. Im
18. Jh. entstand eine Vorhalle vor dem Nordportal.
Die beiden Antwerpener Altäre wurden schräg vor
die Pfeiler des Triumphbogens versetzt, um aus
dem Mittelschiff freie Sicht auf den Hochaltar zu
ermöglichen. In diesen Zusammenhang gehören
auch der barocke Neubau des Hochaltaraufsatzes
und die Stiftung eines Triumphkreuzes um 1730
(Torso erhalten).
Im 19. und frühen 20. Jh. waren umfangreiche
Instandhaltungsarbeiten erforderlich. 1808 wurde
der baufällige Turm über der Westempore abge-
brochen und 1816 ein dem Mittelschiff vorgela-
gerter Ersatzbau errichtet. Die Krypta wurde
1880, die Annokapelle 1887 instandgesetzt und
zum südlichen Seitenschiff geöffnet, im Rahmen
der Wiederherstellung des Chores 1901 räumlich
auch wieder mit dem Chor verbunden und so zur
Erweiterung des Gottesdienstraumes genutzt. Die
Arbeiten in den Jahren 1901 bis 1904 leitete der
Kölner Diözesanbaumeister Heinrich Renard. Ab
1902 wurde das Langhaus saniert. Insbesondere
wurden die beiden westlichen Joche des nördlichen
Seitenschiffs neu errichtet und in gotischen Formen
um zwei Joche neben dem Turm verlängert. So
entstanden eine weitere Vorhalle mit Andachtsstätte
und eine Taufkapelle, in die der romanische Taufstein,
bis dahin am Ostende des Nordseitenschiffs, versetzt
wurde. In das ehemalige Turmjoch des Mittelschiffs
wurde ein Gewölbe eingefügt.
1936 veränderte der Kölner Architekt Karl Band
(1900–1995) den Zugang zur Krypta, der nun nicht
mehr axial aus dem Kirchenraum, sondern über
einen Querstollen mit seitlichen Treppenläufen er-
folgte. In der neuen Ziegelrückwand des Stollens
ließ Band schon damals diverse, z.T. römische
Spolien vermauern. Die beiden Antwerpener Re-
tabel wurden wegen dieser Anlage von ihren
barocken Standorten entfernt. Das kleinere wurde
an das Ostende des Nordseitenschiffs versetzt, das
größere auf den Hochaltar; vom neugotischen
Hochaltar blieb nur der Tabernakel erhalten.
Ende 1944 wurde die Kirche bis auf die Krypta
und wenige aufgehende Mauerteile, deren Abbruch
1949 folgte, zerstört. Die bis heute erhaltenen
Teile der historischen Ausstattung entgingen der
Zerstörung weitgehend nur deshalb, weil sie recht-
zeitig aus der Kirche geborgen werden konnten.
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