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CORTISSIMO 04 | 2016

W

er sich bei cove&co einkleidet,

setzt auf Maßarbeit, feinste Tu-

che und traditionelle Verarbei-

tung. Dame oder Herr, denn für beide

bietet das Düsseldorfer Unternehmen

in 13 Ateliers in Deutschland zeitgemäß

übersetzte und exquisite Herren- und

Damenmaßanfertigungen. Am Anfang

steht das Maß. Persönlich abgenommen,

nicht gescannt von einer Maschine. Das

habe man ausprobiert, so Jürgen Mu-

ckenschnabel, aber dann schnell wieder

verworfen. Denn in einem Bodyscanner

nehmen Menschen keine natürliche Hal-

tung ein. „Wenn ein versierter Schneider

Sie vermisst, dann ziehen Sie nicht den

Bauch ein oder halten bewusst die Schul-

tern gerade“, klärt Muckenschnabel auf.

Beim entspannten Plausch mit dem

Schneider während des Vermessens ste-

hen Kunden natürlicher und das Maß

kann perfekt ermittelt werden. Zwei Sti-

le stehen bei cove&co im Mittelpunkt: Es

ist der englische Stil, wie ihn die Schnei-

der der Savile Row im Londoner Stadtteil

Mayfair pflegen. Schweres englisches

Tuch, verstärkt und aus der Uniform ab-

geleitet, das dem echten Gentleman Hal-

tung verleiht. Der zweite Stil ist italienisch

geprägt: Leichte Anzüge, die durch eine

sanfte Verarbeitung überzeugen. Ein An-

zug, bei demMann das Sakko den ganzen

Tag nicht ausziehen will.

Muckenschnabel zögert ein wenig,

wenn man ihn festnageln will, welcher Typ

denn welchen Stil trägt, kommt aber zu

dem Schluss, der deutsche Traditionalist

bevorzuge eher den englischen Stil und

der Connaisseur tendenziell die italieni-

sche Variante.

TRADITIONDER SAVILE ROW

Cove sieht sich nicht in der Tradition ei-

nes einzigen großen Namens der Maß-

schneiderei, wie die traditionellen Häuser

in der Savile Row, die heute noch vom

alten Glanz des einen und einzigen Stils

leben, die ein einzelner dieser Meister

ehedem geprägt hat. cove&co hat seinen

Ursprung in der Maßkonfektion, also aus-

gehend von einigen Grundschnitten, die

dann auf die persönlichen Maße ange-

passt werden. Dabei spielt die sartoriale

Verarbeitung, also das Nähen von Hand

mit der sichtbar stilvollen Imperfektion

als Gegenpart zur sterilen maschinel-

len Verarbeitung, eine große Rolle. Mu-

ckenschnabel sagt, dies schätzten vor

allem die wahren Liebhaber, die Anzüge

auch gerne tragen und nicht nur, weil sie

es müssen. Und da darf ein Detail wie

ein Knopfloch handgenäht als Gimpen-

Knopfloch schon einmal anderthalb Stun-

den dauern und entsprechend kosten.

Cove legt Wert auf die Feststellung, dass

man nicht in Fernost produzieren lasse.

Bei Danzig entstehen die Anzüge, Blusen,

Hemden und mehr. Sie werden von mehr

als 80 ausgebildeten Maßschneidern ge-

fertigt. Cove versteht sich als Manufaktur.

Dies gilt auch für die Stoffe und Tuche, die

alle in Europa gewebt werden. Darauf leg-

ten auch die Kunden gesteigerten Wert.

WER TRÄGTMASSKONFEKTION

„Unser jüngster Kunde war einmal acht

Monate alt und gelegentlich kleiden wir

schon junge Herren zur Kommunion ein.

Die meisten Kunden sind berufstätig,

zwischen 35 und 65 Jahren jung und ver-

fügen über einen bestimmten Status und

entsprechende finanzielle Mittel. Es gibt

aber auch den Individualisten, der auf sei-

nen Maßanzug spart, oder ältere Herren,

die silberne oder goldene Hochzeit feiern.

Auch Männer, die den Hafen der Ehe

ansteuern, lassen sich gerne einen An-

zug auf den Leib schneidern. Die stürmen

schon mal samt Entourage das Atelier“,

beschreibt Muckenschnabel den Kun-

denstamm. Am intensivsten wollen die

Connaisseure sich über Stilfragen austau-

schen, während der Businesskunde auch

mal die Mittagspause nutzt, um seine

Maße auffrischen zu lassen und dann den

bereits bewährten Anzug nachbestellt.

Die Damenwelt reagiert ein wenig

differenzierter auf Maßkonfektion. Kann

es bei Männern neben Effizienz und Qua-

lität auch Status sein – es soll Männer

geben, die extra bei Freunden anrufen

und erklären, dass sie gerade bei ihrem

Maßschneider sind – ist das Thema Maß-

konfektion bei Frauen durchaus mit ei-

nem Tabu belegt. Frauen argumentierten

schon mal leicht schnippisch empört: „Ich

muss noch keine Maßkleidung tragen, ich

NICHT

VON

DER

STANGE

Es gibt kaum einen Mann, dem ein

Anzug von der Stange passt. Der

Unterschied zwischen Vollmaß-

und Maßkonfektion ist, dass

bei Maßkonfektion ein fertiger

Schnitt individuell angepasst wird.

Bei Vollmaß werden mehr Maße

direkt am Kunden genommen und

für diesen ein komplett eigener

Schnitt entwickelt. Für Vollmaß-

anzüge muss man ab 3.500 Euro

kalkulieren, während Maßkonfek-

tion bei etwa 500 Euro beginnt.